Und trotzdem gibt es da so ein unbestimm-tes Gefühl der Fremdheit. Manche Religi-onen haben dafür den Begriff Sünde ge-prägt (modern übersetzt: Trennung von Gott). Die Existenzphilosophie spricht vom Erleben der Entfremdung. Die Gnosis als religiöse Nebenströmung zum Christentum, die teils blutig verfolgt und mit dem Bann be-
legt wurde, spricht vom Fall der ehemals
göttlichen Lichtfunken, die nun einge-
schlossen sind in der Hyle (Materie) Kein
guter Gott habe die Welt gemacht, sondern ein bösartiger Demiurg. Hinter diesem uralten Erle-
ben der Fremdheit steckt doch nichts anderes als die Frage: was sollen wir eigentlich hier als
selbstbewusste denkende Wesen? Wozu soll das manchmal quälende Denken gut sein? Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Unser oberflächlicher, auf Konsum und Vergnü-
gen abzielender Lebensstil täuscht nur notdürftig über dieses seltsame Gefühl hinweg. Spätestens in den sgn. Grenzsituationen bei Unfall, Tod, Krankheit, angesichts schlimmer Katastrophen, be-
sonders, wenn es zum eigenen Sterben kommt, ist das große Fragezeichen wieder da. Mit dem Denken ist es schon recht merkwürdig; manchmal möchte man es am liebsten abstellen. Auf all die bedeutsamen, wichtigen Fragen, die wir in der Regel durch Alltagsroutinen übertünchen, be-
kommen wir keine sicheren Antworten. Haben wir wirklich nur diesen kurzen Bühnenauftritt von 80 Jahren angesichts der ungeheuren Zeitmaßstäbe der kosmischen Entwicklung? An ein Paradies
im Jenseits mag man auch nicht mehr so recht glauben, da diese Vorstellungen märchenhaft und
kindlich klingen und offensichtlich aus einer Zeit stammen, als man noch die Erde im Mittelpunkt des gesamten Kosmos wähnte. Trotzdem trägt uns das Denken weit, ja sehr weit zurück kraft unserer wissenschaftlichen Beobachtungsfähigkeit und der mathematischen Vernunft. Obwohl die Erde nurmehr ein unbedeutendes Staubkörnchen ist, bedeutet die Entdeckung des Anthropischen Prinzips doch eine gewisse Würde (sich immerhin darüber wundern zu dürfen und in Erstaunen versetzen zu lassen) , dass wir lediglich durch Anwendung von Beobachtung und Vernunft, Ma-
thematik, Experiment und Modellbildung einen Teil der Geheimnisse unserer Herkunft ent-
schlüsseln dürfen. Nicht die Erde ist der Mittelpunkt der Welt und der Mensch gewiss nicht mehr die Krone der Schöpfung aufgrund der Errungenschaften der Neuzeit, sondern die Tatsache, dass wir denkerisch als Kinder des Kosmos dessen eigene Geschichte ergründen können und dürfen,
ist das eigentliche neuzeitliche Wunder und dass wir uns
begreifen dürfen als Bestandteile dieser Geschichte. Ge-wiss stimme ich allen Astrophysikern zu, dass das An-
thropische Prinzip (AP) keinen Erkenntniswert besitzt, je-
doch macht es Staunen und gibt Anlass, sich zu wundern.
So befinden wir uns in einer merkwürdig widersprüchlichen Situation. Einerseits stammt das Gefühl
des Fremdseins aus den unergründlichen Tiefen des Universums und seiner lebensfeindlichen Be-
dingungen. Man merkt rasch, dass uns diese Dimensionen erschlagen. Die Masse an Sternen und
Galaxien erschlägt uns förmlich. Nirgendwo finden wir in diesem Universum eine Ansprache an uns. Nirgendwo gewinnen wir den Eindruck: dass wir gemeint sind. Oder doch? Das AP belehrt uns ei-
nes anderen. Um über den Sinn unserer Existenz nachdenken zu können und über unsere Herkunft
aus dem Werden des Universums, bedurfte es einer unglaublichen Feinabstimmung von 32 phy-
sikalischen Parametern. Wenn der Kosmos so auf den Menschen abgestimmt und eingestellt ist,
dann kann unsere Existenz kein Zufall sein, und natürlich sind nicht nur wir gemeint in alter anthro-
pozentrischer Manier; angesprochen fühlen dürften sich alle intelligenten selbstbewussten Spezies im All. Falls sie auch Teleskope kennen und Radioastronomie, ähnliche Wissenschaftszweige wie Bio-
logie und Chemie entwickelt haben, dann sollten sie nicht nur, nein, sie müssen zu denselben Er-
gebnissen gelangen wie wir. Auch ihnen müsste das AP auffallen, freilich werden sie es anders be-
nennen. Denn das ist doch die große Leistung wissenschaftlicher Arbeit: die Beschreibung objek-
tiver Sachverhalte und vernünftige Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen ziehen. Auf diesem Wege findet so etwas wie eine Annäherung an die Wahrheit statt. Und die wird auf Epsilon Eridani c von derselben Beschaffenheit sein wie bei uns auf der Erde. Anderen intelligenten Beobachtern im All muss ebenso wie uns auffallen, dass die Galaxiendrift in Relation steht zum scheinbaren Abstand
und dass es eine Hintergrundstrahlung von 3 Kelvin gibt, die auch von ihrer scheinbaren Zentral-
position aus allen Richtungen gleich ist. Das lässt eben nur bestimmte Schlussfolgerungen zu.
© by Klaus Windhöfel
die dritte die Religion und die vierte die Anthro-pologie. Im Grun-de könnte man aber alles dieses zur Anthropologie rechnen, weil sich